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Deutsche Asylpolitik, Proteste Geflüchteter und das Schweigen Sozialer Arbeit

Miriam Burzlaff & Naemi Eifler
[Forum Gemeindepsychologie, Jg. 20 (2015), Ausgabe 1]

Zusammenfassung

Der Umgang mit geflüchteten, schutzbedürftigen Menschen in Europa - insbesondere auch in Deutschland - sowie eine entsprechende Grenz- und Asylpolitik, fallen seit Sommer 2014 durch ständig neue negative Zuspitzungen auf. Der Umgang mit Geflüchteten und ihren Protesten für ein menschenwürdigeres Leben ist geprägt von rassistischen und diskriminierenden Repressionen sowie massiven Schikanen. Dies befördert neben den konkreten Verletzungen eine Symbolpolitik der Entrechtung und Abwertung bestimmter Gruppen und damit einhergehenden Ungerechtigkeiten und Unterdrückungen. Offene Zusammenschlüsse und Positionierungen Sozialer Arbeit zu dieser Thematik bleiben jedoch weitestgehend aus. Deshalb drängt sich die Frage auf, wie es um die Berufsethik Sozialer Arbeit bestellt ist und wie es Sozialarbeitende mit ihren ethischen Ansprüchen vereinbaren können, wegzusehen und zu schweigen. Die Geflüchteten stehen auf einem Hausdach und kämpfen für ihre Rechte - und die Profession muss sich fragen: Wofür kämpfen wir?

Schlüsselwörter: politischer Aktivismus Sozialer Arbeit, Kritische Soziale Arbeit, Berufsethik, Asyl- und Grenzpolitik, Geflüchteten-Proteste, Rassismus

Summary

German asylum policy, refugee protests, and the silence of social work

Since summer 2014, the issue of refugees seeking protection in Europe - also especially within Germany - as well as the corresponding border and asylum policy experienced increasing challenges. The general contact with refugees and their protests for a more decent living and a right to have rights, is characterized by massive harassment, racism as well as discrimination. Such behavior demonstrates not bearable symbolic politics for the political deprivation of rights and devaluations of certain groups, which comes along with injustice and oppression. Despite these circumstances, open alliances and positioning of social workers are almost inexistent. This grievance leads to the following pressing question: What about our professional ethics; are we social workers really able to look away and stay silent? Refugees are standing on the rooftop and are fighting for their rights - and what are we fighting for?

Keywords: political activism of social work, critical social work, professional ethics, border and asylum policy, refugee protests, racism



"If you are neutral in situations of injustice,
you have chosen the side of the oppressor."

(Desmond Tutu, zit. in Quigley, 2003, S.8)

1. Zur Entstehungsgeschichte diesen Artikels

Im Oktober 2012 trifft ein Protestmarsch Geflüchteter aus verschiedenen deutschen Bundesländern in Berlin ein, um gegen die restriktive Asylpolitik in Deutschland und für menschenwürdige(re) Lebensbedingungen zu kämpfen. Zentrum des politischen Protests ist von nun an der besetzte Kreuzberger Oranienplatz. Nach zahlreichen Vorhandlungen und leeren Versprechungen, wird schließlich im Auftrag des Berliner Senats am 18.03.2014 das "Einigungspapier Oranienplatz" als 'friedliche Lösung' des Protests formuliert. Das Einigungspapier besteht aus zehn Forderungen der Geflüchteten, welche unter anderem eine "umfassende Prüfung der Einzelfallverfahren im Rahmen aller rechtlichen Möglichkeiten" (Einigungspapier Oranienplatz, 2014) beinhalten. Im Zuge der im Einigungspapier vereinbarten, zeitnahen Räumung des Oranienplatzes, kommt es am 08.04.2014 seitens der Aktivist_innen zu einer als freiwillig deklarierten Räumung des Protestcamps - unter Einsatz von 400 Polizist_innen1.

Ein Teil der sogenannten O'platz-Aktivist_innen verlässt im November 2012 den Oranienplatz und besetzt die leerstehende Gerhard-Hauptmann-Schule in Berlin Kreuzberg. Dies wird zunächst geduldet. Im Laufe der folgenden Monate wird die Schule zur Unterkunft für mehrere hundert Personen. Am 24.06.2014 endet die Duldung der Besetzung, und die Bewohnenden sind dazu gezwungen, die Schule unter massiver Polizeipräsenz zu verlassen und in ihnen zugeteilte Lager zu ziehen. Eine Gruppe Bewohnender sowie deren Unterstützende besteigen im Zuge der Räumungsaktion das Dach der Schule, dazu bereit in den Tod zu springen, sofern ihre Stimmen und Forderungen nicht endlich gehört würden - die im März 2014 formulierten Absprachen zwischen Geflüchteten und Senat wurden seitens des Senats nicht erfüllt. Folge der Räumung und des damit einhergehenden Protests ist nicht nur eine Veränderung der Straßen rund um die Gerhart-Hauptmann-Schule in eine polizeistaatliche Zone und eine Unterdrückung des Protests von einem notstandsähnlichen Repressionsapparat. Auch kommt es zu einer Beschneidung der Pressefreiheit, da Journalist_innen der Kontakt mit den Menschen auf dem Dach untersagt wird. Unterstützung finden die Geflüchteten durch Anwohnende und weitere Supporter_innen. Nach acht Tagen beenden die Geflüchteten die Besetzung. Zu wirklichen Einigungen und Zusprachen seitens des Senats kommt es nicht.2

Am 26.08.2014 besteigen einige Geflüchtete das Dach eines Hostels in der Berliner Gürtelstraße. Diese Unterkunft war einigen Geflüchteten nach Räumung der Gerhart-Hauptmann-Schule vom Senat als Unterkunft zur Verfügung gestellt worden. Die Protestierenden kämpften erneut unter Einsatz ihres Lebens gegen deutsche Asylpolitik und (damit einhergehende) uneingelöste Versprechen des "Einigungspapiers Oranienplatz": Die zugesagte, umfassende und wohlwollende Prüfung der Einzelfallverfahren erfolgte nicht, stattdessen wurden Ausweisungen ausgesprochen. Nicht nur, dass alle Asylanträge vom Senat abgelehnt wurden und die Rauswürfe ohne Vorwarnung der Betroffenen stattfanden, auch verweigerte die Polizei den Protestierenden Nahrung, Wasser, medizinische Versorgung/Medikamente und Strom.3

Die sogenannten O'platz-Aktivist_innen fordern das, wofür bereits ein früher Zusammenschluss von Geflüchteten unter dem Namen "The Voice"4 vor 20 Jahren kämpfte: Abschaffung der Residenzpflicht und von Sammelunterkünften (Lagern), Abschiebestopps, Arbeitserlaubnisse sowie Zugang zu Bildung5. Schon diese Zeitspanne verdeutlicht, wie lange der Kampf Geflüchteter in Deutschland bereits andauert, ohne dass sich ihre Situation verbessert. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein: Jüngste Geschehnisse zeigen, dass der Umgang mit Personen, die bestimmten Migrant_innengruppen zugeordnet werden, erschütternd und beunruhigend ist. Damit beziehen wir uns auf migrationsrechtliche Entwicklungen, nicht eingehaltene Vereinbarungen seitens Verantwortlicher sowie die Verletzung evidenter Grund- und Menschenrechte und die sozial- sowie gesellschaftlichspolitische Legitimation von Gewalt(taten) gegenüber Geflüchteten. Was uns also antreibt, diesen Artikel zu verfassen sind Empörung und Wut über derzeitige gesellschaftliche Verhältnisse und die damit verbundene Verweigerung, "nicht auf diese Weise und um diesen Preis regiert zu werden" (Foucault, 1992, S.12). Eine Voraussetzung dafür, nicht derartig regiert zu werden und für einen veränderten, respektvollen und anerkennenden Umgang, insbesondere mit Schutz- und Perspektivensuchenden, sehen wir einerseits in einem größeren gesellschaftlichen Bewusstsein für Ungerechtigkeiten. Damit einhergeht andererseits, dass unrechterfahrende Menschen gehört und sie als gleichwertige Subjekte wahrgenommen werden müssen - nicht aber als Kostenfaktor oder diffuse Bedrohung, wie es im Diskurs rund um Migration und Asyl oftmals der Fall ist.

"Der 'Wettlauf der Schäbigkeiten', wie es Pro Asyl vor einigen Jahren beschrieb, setzt sich in der kolonialrassistischen Tradition fort, die das Leben unterschiedlicher Menschengruppen in 'lebenswert' und 'nicht schützenswert' einteilt." (Melter, 2014). In diesem Zusammenhang sei auf eine Feststellung David Gils verwiesen, der mit Bezug auf die Ausführungen von Antonio Gramsci zur Hegemonie festhält, dass "[d]ie Stabilität von Gesellschaftsordnungen [...] nicht nur durch Zwang und Kontrolle der mächtigen Eliten aufrechterhalten [wird], sondern auch durch das stillschweigende Einverständnis und die Kooperation der anderen" (Gil, 2006, S. 58). In anderen Worten: Verantwortlich für den Umgang mit derzeitigen Geschehnissen und Entwicklungen sind wir alle, insbesondere auch Sozialarbeitende. Im Zuge der Geflüchteten-Proteste und den damit einhergehenden Maßnahmen staatlicherseits, stellten wir uns also immer wieder die Fragen, wo wir Sozialarbeitenden sind, welche Kämpfe wir unterstützen, wenn nicht solche, wie sie derzeit vor unseren Türen stattfinden. Ferner fragten wir uns, warum beispielsweise im Zusammenhang Oranienplatz, Ohlauer Straße/Gerhart-Hauptmann-Schule oder Gürtelstraße zwar zahlreiche Sozialarbeitende als Privatpersonen unterstützend vor Ort waren, ein sichtbarer und aktiver Zusammenschluss dieser Professionsgruppe allerdings weitestgehend ausblieb6. Fordern es berufsethische Prinzipien nicht von Sozialarbeitenden, aus einer kollektiven Unsichtbarkeit herauszutreten und sich lautstark für Unterdrückte und Entrechtete einzusetzen? In einem Plädoyer für "[m]ehr Ethik mit Flüchtlingen und für Flüchtlinge" vom 16.10.2014 formuliert Claus Melter ähnliche Fragen:

"Wo bleibt der systematische Aufschrei der Flüchtlingssozialarbeit gegen diese Politik gegen Flüchtlinge an den Rändern der EU und in den Ländern der EU? Wo bleiben Interventionen gegen restriktive Asylrechtseinschränkungen und die Menschenrechtsverstöße gegen Flüchtlinge bei der ärztlichen Versorgung, der Unterbringung und Verfahrensrechten? Wo bleibt der Aufschrei gegen die eigenen schlechten Arbeitsbedingungen durch viel zu kleine Personalschlüssel, so dass Mindeststandards pädagogischer Professionalität im Sinne des Schutzes der körperlichen, psychischen, kognitiven sowie rechtlichen und sozialen Integrität der Adressaten nicht ansatzweise gewährleistet werden können?" (Melter, 2014)


Was von protestierenden Geflüchteten gefordert wird, ist längst in den von Deutschland unterzeichneten Menschenrechtskonventionen sowie im Grundgesetz deklariert. Es stellt sich die Frage, wie es möglich ist, dass einigen diese Rechte verwehrt werden und welche Mechanismen es ermöglichen, die Weigerung der Anerkennung eines Menschen als Rechtssubjekt mit dem Deckmantel der Schlagwörter Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu bekleiden. Was ist das für eine Politik, die hier zum Vorschein tritt? Was wird eigentlich verteidigt, wenn die machthabende Politik antidemokratische und menschenverachtende Mittel einsetzt, um zu verhindern, dass Geflüchtete in den Stand versetzt werden, das festgeschriebene Recht, Rechte zu haben, durchzusetzen? Ein Recht, das ebenfalls längst Bestandteil der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ist: "Jeder hat das Recht, überall als rechtsfähig anerkannt zu werden"7. Ganz offensichtlich wird hier ein Recht unterlaufen bzw. es erfolgt eine nicht näher definierte, aber durch die Handlungen klar werdende Interpretation dessen, wer hierzulande als 'Jeder' angesehen wird.

Im Folgenden werden zunächst die derzeitigen Grenzpolitiken sowie -techniken innerhalb der EU skizziert. Darauf aufbauend werden einige Aspekte der Forderungen und Äußerungen Geflüchteter aufgegriffen, um diese in einen gesellschaftspolitischen und asylrechtlichen Kontext einzubetten. Abschließend werfen wir einen besonderen Blick auf Funktionen und Schweigen Sozialer Arbeit und beenden den Artikel mit einem Plädoyer für politischen Aktivismus.

2. Ausgrenzungspolitik Europa

Die 'Festung Europa' schafft und erhält sich selbst durch ein kontinuierlich verfeinertes Abschottungsparadigma: Mit dem Einsatz hochmoderner Grenzkontrollinstrumente wird eine vehemente Abschottungspolitik in die Praxis umgesetzt - sämtliche EU-Außengrenzen werden mit dem Einsatz modernster Technik hermetisch abgeriegelt, Zuflucht suchende Menschen aufgegriffen und abgewehrt8. Spezielle Operationen lassen, wie Castro Varela bezeichnend festhält, "einen nur schwer nachvollziehbaren Zynismus der Organisation durchscheinen" (Castro Varela, 2013, S. 26). Maßgebend ist diesbezüglich die europäische Grenzschutzagentur mit dem formalen Namen Frontex. Diese koordiniert die Grenzabwehr: Zäune, Waffen, Schläge, der Einsatz von Gummigeschossen und Tränengas (beispielsweise von der Guardia Civil), Deportationen in die Wüste - statt Wasser, Essen, einem Dach über dem Kopf und Würde9. Diese Abwehrformen sind den EU-Ländern inzwischen jährlich 90 Millionen Euro wert10. Derzeit vorherrschendes politisches Paradigma ist es also, Grenzen statt Menschen zu schützen. Bei der Frage danach, wer die in Deutschland schutzsuchenden Personen sind, ergibt sich ein erschütterndes Bild: "Wir sprechen von [...] Menschen, die ihre Herkunftsländer verlassen mussten, die teilweise lebensgefährliche Fluchtwege hinter sich haben, um Europa zu erreichen, die massive Gewalt erlebt haben, die in ihrer großen Mehrheit aufgrund dieser Erfahrungen an schweren Traumatisierungen leiden" (Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein und andere, 22.07.14). Fest steht: Die jeweiligen Fluchtgründe sind äußerst komplex und nicht zu pauschalisieren. Häufige Verwicklungen europäischer Staaten in Fluchtursachen11 erscheinen in diesem Zusammenhang besonders bitter. Als auslösende Fluchtzusammenhänge sei beispielsweise verwiesen auf eine Separationspolitik der Kolonialmächte und ihre weitreichenden Folgen, Waffenlieferungen und Militäreinsätze der Bundesregierung in Kriegsgebieten, ökonomische Interessen in Ölgebieten und vieles Weitere (vgl. Boumans & Ünal, 1997, S. 8). "We are here because of the Berlin Conference of 1884"12, nimmt beispielsweise ein Aktivist direkt Bezug auf die europäische Kolonialpolitik und dessen Folgewirkungen bis in die Gegenwart hinein. "We are here because you destroy our countries", bringt es der Aktivist Koukou13 auf den Punkt. Die Aussage von Mohammed "Ich weigere mich, in diesem Land Sklave zu sein"14, trifft in den wunden Punkt kolonialrassistischer Vergangenheiten Deutschlands15.

3. Grenztechnologie trifft sozialwissenschaftliche Forschung

Zur Entwicklung von Grenztechnologien (das heißt Aufspüren und Abwehr von Menschen am Monitor) werden Forschungsgelder bereitgestellt, die Wissenschaftler_innen dazu nutzen, noch ausgefeiltere Techniken zu entwickeln (vgl. Castro Varela, 2013, S. 26 f.). Zur Ausreizung der Effizienz derartiger Techniken bedient sich Frontex auch sozialwissenschaftlicher Forschung, "um etwa Krisenherde frühzeitig auszumachen, Migrationsbewegungen zu verfolgen und vorherzusehen" (ebd., S. 27) - und das scheint äußerst interessant für kritische Zweifel und zweifelnde Kritik innerhalb Sozialer Arbeit. Frontex ist damit zwar, wie Karl Kopp von Pro Asyl resümiert, nicht an allem Schuld und die Kritik macht sich nicht an der Agentur selbst fest. Frontex ist indes "Ausdruck einer verfehlten europäischen Flüchtlingspolitik"16 deren koordinierte Verantwortungslosigkeit sich auch in Form des immer wieder entemotionalisierten, technischen Verweises auf eine jeweils andere verantwortliche Instanz wiederspiegelt: "Die politischen Inhalte geh`n mich nichts an", meint zum Beispiel der Frontex-Koordinator der Operation "Indalo"17; "Ich bin kein politischer Beamte. Ich setze um, was Menschen mit politischer Verantwortung mir sagen", so der Leiter des 'Referats Ausländerrecht' vom Bundesministerium des Inneren Christian Klos, er habe eben "technische Fragen" zu klären18.

4. Mediale Darstellungen und politische Verwicklungen

Berichterstattungen über systematisches Sterben an den Grenzen Europas erfolgen langsam, aber zunehmend auch in größeren Medien. Dabei ist auffällig, dass häufig im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Tod unzähliger Menschen, die bei dem Versuch, Europa mit Schlauchbooten zu erreichen, ums Leben kommen, auf den schicksalhaften Begriff der Tragödie, wahlweise auch Drama rekurriert wird. Suggeriert wird damit, dass dies ein nicht kalkulierbares Schicksal, eine nicht vorhersehbare Katastrophe sei. Diese sei zwar bedauerlich, aber unausweichlich. Einer solchen Darstellung gilt auf Grundlage soeben dargestellter Fakten unser heftigster Widerspruch. Die - von europäischen Journalist_innen ermittelten - dreiundzwanzigtausend Toten19 seit dem Jahr 2000 sind nicht infolge einer unausweichlichen Katastrophe gestorben. Ihr Leiden und Tod durch Ertrinken, Ersticken, Erschöpfung, Verdursten und Ähnliches sind kalkulierte Konsequenz europäischer Politik, die von der Bundesrepublik Deutschland in hohem Maße forciert sowie mitverwaltet, -finanziert und -praktiziert wird. So betont auch der ehemalige Verwaltungsrichter Percy McLean, der noch als Rechtsanwalt tätig ist, dass das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit um Europa herum tausendfach verletzt werde20.

Einhergehen diese Ausgrenzungen äußerst offensichtlich mit rassistischen und klassistischen Konstruktionslinien21. Dies verdeutlicht, erstaunlich unverblümt, die innereuropäische Ausgrenzung gegen unerwünschte Personen, die man der Gruppe 'Roma' zuordnet. Auf Initiative des damaligen Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich wurde beispielsweise die Reisefreiheit innerhalb der EU im Oktober 2013 durch den Schengen-Governance-Mechanismus wieder eingeschränkt22. Für das Bundesministerium für Inneres (BMI) wurde damit "seine Forderung nach einer Notfallklausel durchgesetzt"23. Die Intention dieser Aufhebung brachte Friedrich bereits ein Jahr zuvor unmissverständlich zum Ausdruck: "Der massive Zustrom serbischer und mazedonischer Staatsangehöriger müsse unverzüglich gestoppt werden"24. Ein weiteres Instrument zur Bekämpfung von Migration ist die am 01.06.2013 in Kraft getretene Visa-Warndatei, die laut BMI "migrationspolitische Aspekte in den Vordergrund"25 stellt. Um wen es bezüglich der Einführung einer sogenannten Visaschutzklausel letztendlich ginge, brachte die LINKEN-Europaabgeordnete Cornelia Ernst auf den Punkt: "Der Aussetzungsmechanismus, die Aussetzung der Visumfreiheit, ist eine 'Lex Roma', sprechen wir es doch deutlich aus"26.

Einige der gewaltvollsten Praktiken werden dabei erst auf Druck von Deutschland und anderer EU-Staaten veranlasst: Die Passentziehung beispielsweise durch die zuständigen Behörden von Serbien oder Mazedonien bei tausenden von Menschen - nahezu ausnahmslos Roma-Flüchtlinge - erfolgt aufgrund der pauschalen Verdächtigung, es werde ein Asylantrag in anderen EU-Ländern angestrebt. Die Verdächtigung führt umgehend zu einer Markierung im Pass, wodurch dieser nahezu ungültig wird. Dieses Vorgehen ist das Resultat der Drohung von EU-Staaten und der europäischen Kommission, die Visafreiheit in Frage zu stellen, sollte die Zahl derer nicht abnehmen, die in der EU Schutz suchen (vgl. Mesovic, 2014, S. 16 f.)27.

5. Asylpolitik

Ein restriktiver Umgang mit Schutzsuchenden und die Kriminalisierung von Flucht, haben in der Bundesrepublik Deutschland seit Jahrzehnten Kontinuität. Eine gravierende Einschränkung des Asylrechts fand bereits Mitte der Siebziger Jahre infolge eines rechtspopulistischen Diskurses statt (vgl. Pieper, 2008, S. 45). Erst aus den gesetzlichen Verschärfungen infolge dieser Stigmatisierungsdebatte resultieren die heute gängigen Vorprüfungen der Asylanträge an den Grenzen. Die dann einsetzenden Abschiebepraktiken verstießen gegen das Non-Refoulement Prinzip der Genfer Flüchtlingskonventionen (vgl. ebd.). 1980 wurde sowohl der heute selbstverständlich scheinende Visa-Zwang für Menschen aus den Hauptherkunftsländern als auch die erstmalige Erteilung eines Arbeitsverbots für diese Personen beschlossen. Zudem besiegelten vereinzelte Bundesländer den Vollzug der Option einer Auszahlung von Sozialhilfe nach dem sogenannten Sachleistungsprinzip. Darüber hinaus wurde die einschneidende und symbolträchtige Unterbringung von Geflüchteten in Sammellagern beschlossen (vgl. ebd., S. 46.). Unter Bundeskanzler Helmut Schmidt erfolgte 1982 mit der verabschiedeten Neuordnung des Asylverfahrensgesetzes eine Erweiterung des Arbeitsverbots. Überdies erfolgte der Beschluss des Inkrafttretens der weltweit einzigartigen Residenzpflicht (ebd.). Auch weitere restriktive Maßnahmen, wie die Kürzung der Sozialhilfe oder der Beschluss von 'gemeinnütziger zusätzlicher Arbeit' (1,00-DM-Kräfte), resultieren aus dieser Zeit (ebd.). Unter Altkanzler Helmut Kohl begannen ab Herbst 1982 die beiden Unionsparteien, "die rasche und erhebliche Verminderung der Zahl der Ausländer in der Bundesrepublik zu einem ihrer programmatischen Schwerpunkte zu machen" (ebd., S. 50). Im Zuge dieser Periode etablierte sich ein kulturrassistischer Diskurs (ebd., S. 52), als dessen direkter Effekt die schrittweise Entrechtung Schutzsuchender auszumachen ist.

Ausgerechnet im Zuge gewalttätiger, rassistischer Ausschreitungen, die man hier verbinden darf mit den Schlagwörtern 'Rostock-Lichtenhagen' und 'Hoyerswerda', fand 1993 eine bereits seit 1985 durch die Unionsparteien geforderte erhebliche Einschränkung des Grundrechts auf Asyl statt28. Demnach können sich auf dieses Recht seit der am 01.07.1993 in Kraft getretenen Änderung nicht mehr berufen:

  • Personen, die über einen Mitgliedstaat der Europäischen Union eingereist sind
  • Personen, die über einen anderen Sicheren Drittstaat eingereist sind

Die perfide Entwicklung der Asylpolitik erfuhr einen weiteren Höhepunkt mit der qua Gesetz erfolgten Erklärung der drei Westbalkanstaaten Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien zu Sicheren Herkunftsstaaten29. Der Referenten-Gesetzesentwurf, der "jeden gesetzgeberischen Standard [unterläuft], missachtet verfassungs- und unionsrechtliche Vorgaben" (Mesovic, 2014, S. 16). Er wurde am 19.09.2014 trotz zahlreicher Stellungnahmen, die allesamt betonen, dass eine solche gesetzliche Regelung mit europarechtlichen Vorgaben nicht vereinbar sei, im Bundesrat verabschiedet30.

6. Soziale Arbeit

"Es scheint mir wichtig, dass diejenigen, die die Aufgabe in der Gesellschaft haben, kritisch zu intervenieren, dies auch lautstark tun."31 (Maria do Mar Castro Varela)


All die soeben aufgeführten Geschehnisse lassen viele Menschen stillschweigend geschehen. Und genau an diesem Punkt ist auch und gerade die Verantwortung Sozialer Arbeit in den Blick zu nehmen: Denn wenn eine überwiegend auf Abwehr und Kontrolle zielende Politik diskursive und kulturelle Konsequenzen zur Folge hat, in der Migration im Allgemeinen, Zuflucht und Asyl im Besonderen, vornehmlich in Verbindung mit Armut und Kriminalität gebracht und damit wiederum Nichtzugehörigkeiten konstruiert werden (vgl. Castro Varela, 2013, S. 10), dann ergibt sich bereits aufgrund dieser Stigmatisierungs- sowie Ausgrenzungsmechanismen eine offenkundige Verpflichtung Sozialer Arbeit. Nach der Definition und den Prinzipien dieser Profession gilt es, derartige Phänomene ausfindig zu machen, zu skandalisieren sowie derartige diskriminierende Politiken und Praktiken zurückzuweisen (vgl. International Federation of Social Workers, 201432). Vor allem eine Kritische Soziale Arbeit33 zeigt auf, dass eine besondere Verantwortung darin besteht, Machtverhältnisse inklusive eigener Positionierungen kritisch zu hinterfragen. Warum aber haben es die meisten von uns Sozialarbeitenden über Monate hinweg nicht in Erwägung gezogen, ihre Empörungen, Widerstände, Nicht-Einverständnisse mit Geschehenem, Haltungen und Solidarität auch aus einer professionellen Berufsethik heraus zum Ausdruck zu bringen? Wenn beispielsweise Mohammed zu der Auffassung gelangt, dass für ihn "diese Polizisten, die da [auf dem Hosteldach, eingefügt M. B.] mit uns immer gesprochen haben, Nazi-Polizisten [sind]"34, dann kann das nicht einfach ignoriert werden. Eher sollte - auch wenn derartige Vergleiche oftmals abgelehnt werden - gefragt werden, was diese Anmerkung hervorruft. Diesbezüglich sei zum Beispiel erwähnt, dass Polizist_innen vor den Augen der auf dem Dach des Berliner Hostels Protestierenden (denen Wasser und Nahrung verweigert wurde) das für sie bestimmte Wasser tranken35. Zu übertreffen ist dies nur durch die rassistischen Beleidigungen in der Ohlauer Straße, wo Polizist_innen den Protestierenden mit Bananen und Handschellen vom gegenüberliegenden Dach "winkten". Wenn wir des Weiteren anerkennen, dass im Zuge einer rassistischen und diskriminierenden gesellschaftlichen Grundhaltung bzw. Akzeptanz einzelne Menschen(gruppen) etikettiert sowie hierarchisiert werden, dann lassen sich weitere Parallelen erkennen: Sowohl zu rassistischen, (post)kolonialistischen als auch zu nationalsozialistischen Paradigmen. Wenn letztlich diese Menschen in Verfolgerstaaten deportiert werden, dann kommen wir kaum umhin, nationalsozialistische Bezüge auszumachen. Von diesen direkten Geschehnissen und Fakten abgesehen, wird der NS-Vergleich auch mittels der Untersuchungen Tobias Piepers zur symbolischen und praktischen Funktion des Lagersystems in der Flüchtlingspolitik bekräftigt: Aus diesen geht hervor, dass die repressiven gesetzlichen Grundlagen und ihre Umsetzungen, die eine Aberkennung der Rechte von Migrant_innen bedingen, auf administrative Bestimmungen des Nationalsozialismus und der Bismarck-Zeit zurückzuführen sind (vgl. Pieper, 2008, S. 189ff.). Da sich auch Akteur_innen Sozialer Arbeit an Exklusions- und Vernichtungspraktiken im Nationalsozialismus beteiligten36, ist es absolut erforderlich, Strukturen und Phänomene, die zu (einer Beteiligung Sozialer Arbeit an) Exklusionspraktiken führen oder führen können, frühzeitig zu erkennen und öffentlich zu skandalisieren.

7. Politischer Aktivismus und Soziale Arbeit

Die bisherigen Ausführungen verdeutlichen, warum politischer Aktivismus Sozialer Arbeit gefordert ist. Damit knüpfen wir an eine Ansicht Ruth Seiferts an, wonach "[d]ie Politisierung der Sozialen Arbeit [...] notwendig für das Überleben des Berufsfeldes [ist], sofern es sich als Profession definieren will" (Seifert, 2013, S. 12). Auch ein Eindruck von Boumans und Ünal unterstreicht die Relevanz einer politisch-kritischen Sozialen Arbeit. Ihrer Feststellung nach gibt es

"... nur sehr wenige [...] SozialarbeiterInnen, die sich über die Konsequenzen für die Flüchtlingskinder und unseren 'Rechtsstaat' Gedanken machen. Definitionen aus dem Ausländer- und Asylrecht werden ohne Reflektion in der Jugendhilfe übernommen oder zu Sparzwecken bewusst eingesetzt. Widerspruch regt sich kaum und wird oft nur sehr zaghaft formuliert." (Boumans & Ünal, 1997, S. 40)


Wenn nun von einem solchen kritischen Professionsverständnis ausgegangen wird, können derzeit politisch initiierte und medial gestützte Ausgrenzungsmechanismen nicht unbeachtet bleiben. Vor allem dann, wenn die Entwertung eines Subjekts, begründet durch die Konstruktion und Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen, zu der Hinnahme führt, dass Menschenleben nicht geschützt, sondern - im Gegenteil! - gefährdet wird, wie es die Folgen außereuropäischer Grenzpolitik zeigen. Aber auch die innereuropäische Grenzpolitik hat lebensbedrohliche sowie tödliche Folgen: "Das Gefühl, dass bestimmte Körper und Leben nicht als ein wertvoller Teil dieser demokratischen Ordnung betrachtet werden" (Kahveci, 2013, S. 43), erhielt seine Bestätigung bereits spätestens mit der Enthüllung der jahrelang andauernden rassistischen Mordserie des NSU und wird durch den Umgang mit Geflüchteten abermals bestätigt. Weitere Bezugspunkte zum NS-Vergleich sind auch unmittelbar in Gesetzestexten auffindbar: Die in Europa einmalige Residenzpflicht, deren Abschaffung verschiedenste Aktivist_innen seit deren Bestandskraft fordern, hat ihr Äquivalent in der faschistischen Ausländerpolizeiverordnung (APVO) von 1938. Die Verfügung der Aufenthaltsbeschränkung aus dem Jahr 1982 ähnelt derjenigen von 1938 nahezu eins zu eins37. Wenn nun Frank Michelmann, wie Benhabib zitiert, zu dem Schluss gelangt, dass "man nur dann über Rechte [verfügt], wenn man eine bestimmte Art sozialer Akzeptanz genießt" (Michelmann, zit. in Benhabib, 2009, S. 62), kann dies als ein Ansatzpunkt gedeutet werden, an dem Soziale Arbeit anknüpfen kann - und als zivilgesellschaftlicher Akteur (vgl. Castro Varela, 2013) auch muss. So kann Soziale Arbeit dahingehend intervenieren, dass Menschen- und Grundrechte für alle, und zwar auch für Geflüchtete, Asylsuchende oder andere Marginalisierte, gelten. Sozialer Arbeit schreiben wir diese Rolle auch zu, da das Professionsverständnis Sozialer Arbeit auf folgenden Prinzipien basiert: "Principle of human rights and social justice are fundamental of social work" (International Federation of Social Workers, 2014, Art.2). Und diese elementaren Grundsätze Sozialer Arbeit, ein Eintreten für die Wahrung der Menschenrechte und Social Justice38, fordern Sozialarbeitende dazu auf, politisch (aktiv) und sichtbar zu sein39. Dies bedeutet jedoch nicht nur eine kritische Ablehnung von hegemonialen Politiken der Ungerechtigkeiten und Unterdrückungen, sondern auch, und in diesem Falle vor allem, eine aktive Unterstützung sozialer (Protest-)Bewegungen, welche eine Wahrung fundamentaler Rechte beziehungsweise Social Justice fordern. Auch das so oft diskutierte Dilemma des doppelten Mandats Sozialer Arbeit40 ist kein Hinderungsgrund, sich als Sozialarbeitende zu positionieren und für strukturelle Veränderungen einzutreten - eben nicht nur Symptome zu bekämpfen und Menschen zu funktionalisieren bzw. normalisieren, so wie es in heutigen neoliberalen Gesellschaften nahezu ausnahmslos der Fall ist. Eher ist seitens von Sozialarbeitenden ein Umdenken erforderlich. Denn gesellschaftliche "Veränderungen hängen [...] von Veränderungen im Bewusstsein der Menschen ab, das sich dahingehend wandeln müsste, alternative Handlungs- und Interaktionsmuster sowie alternative Beziehungen zu erkennen und voran zu bringen" (Gil, 2006, S. 61). Sozialarbeitende sind folglich dazu aufgerufen, sich (auch öffentlich) zu vereinigen, zu positionieren, auf Missstände aufmerksam zu machen und für gerechte(re) gesellschaftliche Verhältnisse einzutreten - so wie es insbesondere innerhalb der Kritischen Sozialen Arbeit als elementarer Wert dieser Profession verstanden wird.

Endnoten

  1. Vgl. http://www.taz.de/Fluechtlingscamp-in-Berlin-Kreuzberg/!136417/,  [25.10.2014].
  2. Mehr Informationen unter: http://ohlauerinfopoint.wordpress.com/
  3. Mehr Informationen unter: http://www.taz.de/!145779/; http://www.taz.de/!145506/, [25.10.2014].
  4. Mehr Informationen zu "The Voice" unter: http://thevoiceforum.org/ oder http://www.taz.de/Selbstorganisation-der-Fluechtlinge/!146980/, [25.10.2014].
  5. Vgl. hierzu "Einigungspapier-Oranienplatz", online verfügbar unter: https://www.berlin.de/rbmskzl/_assets/aktuelles/2014/maerz/einigungspapier_oranienplatz.pdf, [25.10.2014]; Refugee Struggle for Freedom: http://refugeestruggle.org/de.
  6. Eine Ausnahme stellt beispielsweise die Stellungnahme von Grenzen_weg dar: https://grenzenwegberlin.wordpress.com/2014/06/28/stellungnahme-der-studentischen-initiative-grenzen_weg-zur-situation-an-der-gerhardt-hauptmann-schule-in-der-ohlauerstrase/, [21.01.2015].
  7. Artikel 6 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: http://www.un.org/depts/german/menschenrechte/aemr.pdf, [18.10.2014].
  8. Siehe beispielsweise die Arte-Dokumentation "Festung Europa - Frontex: Einsatz gegen Flüchtlinge". Veröffentlicht am 09.10.2013, einzusehen auf: http://www.youtube.com/watch?v=0L5u4KspmIE, [25.10.2014]; Faltblatt Flüchtlingspolitik mit Todesfolge. Nach der Katastrophe von Lampedusa: Chronik einer verschärften europäischen Abschottung. Einzusehen auf: http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/q_PUBLIKATIONEN/2014/Flyer_Lampedusa_Web.pdf, [25.10.2014].
  9. Vgl. beispielsweise: Spiegel-Report http://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-europas-toedliche-grenzen-multimedia-reportage-a-989815.html, [28.10.2014].
  10. Siehe: Der Spiegel 36/2014.
  11. Siehe beispielsweise: Ulu, T. (2013). Eine Widerstand Erfahrung der Flüchtlinge in Deutschland. In Gürsel, D. & Çetin, Z. & Allmende e.V. (Hrsg.), Wer Macht Demo_kratie? Kritische Beiträge zu Migration und Machtverhältnissen. Münster: Edition Assemblage.
  12. Siehe: http://m.aljazeera.com/story/20144211253138114, [17.09.2014].
  13. O-Platz-Aktivist in Rede auf Kundgebung, notiert von N. E.
  14. Siehe: https://guertelstrasse.wordpress.com/2014/09/ [30.09.2014]; Berichte der Aktivist_innen Mohammed, Ibrahim und Saidu, Transkript N. E.
  15. Vergleiche beispielsweise M. do Mar Castro Varela & N. Dhawan (2005). Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung. Bielefeld: Transcript Verlag.
  16. Karl Kopp in Arte-Doku: Festung Europa - Frontex: Einsatz gegen Flüchtlinge (Dokumentation). Verfügbar unter: http://www.youtube.com/watch?v=0L5u4KspmIE [24.10.2014, min. 7:50].
  17. Siehe: Arte (2013): Festung Europa - Frontex: Einsatz gegen Flüchtlinge (Dokumentation). Verfügbar unter: http://www.youtube.com/watch?v=0L5u4KspmIE [24.10.2014].
  18. Christian Klos auf einer Podiumsdiskussion zum vorliegenden repressiven Gesetzesentwurf vom 26.09.2014, Mitschrift N. E.
  19. Vermutlich ist es unmöglich, eine genaue Zahl zu nennen. Zu journalistischen Ermittlungen siehe: http://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-europas-toedliche-grenzen-multimedia-reportage-a-989815.html [11.10.2014]; migazin spricht von 40.000 Toten weltweit seit 2000 http://www.migazin.de/2014/10/01/das-sterben-an-europas-aussengrenzen-geht-weiter/, [11.10.2014].
  20. Percy MecLean während einer Podiumsdiskussion am 29.09.2014 im Roten Salon Berlin, Notizen von N.E.
  21. Zum Zusammenhang von Migrationspolitik und Rassismus sowie Klassismus, wonach "Integrationspolitik auch als Klassenpolitik gelesen werden muss" (Castro Varela, 2013, S. 30), siehe weiterführend: Castro-Varela (2013), S. 27 ff.
  22. Die geltende Reisefreiheit versuchte die Bundesregierung bereits während des uneingeschränkten Schengener Abkommens auf "Gutdünken für mehrere Tage aus[zu]setzen" (Monroy, Matthias): http://www.heise.de/tp/news/Die-verbriefte-Reisefreiheit-innerhalb-der-EU-ist-Geschichte-2010596.html, [23.10.2014].
  23. Pressekonferenz BMI vom 08.10.2013, einzusehen: http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2013/10/schengen.html, [25.10.2014].
  24. BMI, Pressemitteilung vom 12.10.2012: 6.691 Asylanträge im September 2012.
  25. Siehe: Information BMI http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Sicherheit/Illegale-Einreise/Visa-Warndatei/visa-warndatei_node.html, [30.09.2014].
  26. Siehe: Rede im Plenum des Europäischen Parlaments, einzusehen auf: http://www.youtube.com/watch?v=L3_5Orit64U, [25.10.2014].
  27. Vgl. Bericht von Amnesty International: http://www.amnesty.de/jahresbericht/2013/mazedonien#flchtlingeasylsuchendeundmigranten, [25.10.2014].
  28. Vgl. beispielsweise: http://www.grundrechtekomitee.de/node/32, [27.10.2014].
  29. Kommen Asylbewerber_innen aus einem solchen Staat (vorausgesetzt, sie reisen auf direktem Wege in die Bundesrepublik), müssen sie in einem verkürzten Verfahren, aufgrund eigener Verfolgungstatsachen, das Gegenteil beweisen. Grundsätzlich sind entsprechende Anträge allerdings als "offensichtlich unbegründet" abzulehnen, da die Konstruktion 'Sicherer Herkunftsstaat‘ per definitionem pauschal festhält, dass in diesen Ländern weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung stattfindet (vgl. Boumans & Ünal, 1997, S. 39 ff.).
  30. Vgl. beispielsweise Stellungnahme des Deutschen UNHCR vom 04.04.2014: http://www.unhcr.de/fileadmin/rechtsinfos/fluechtlingsrecht/3_deutschland/3_2_unhcr_stellungnahmen/FR_GER-HCR_sichere_Herkunftslaender_042014.pdf, [25.10.2014].
  31. Dieses Zitat stammt aus einem undatierten Interview von Maria Virginia Gonzalez Romero mit Maria do Mar Castro Varela zu Willkommenskultur. Das gesamte Interview ist zu lesen unter: http://vielfalt-gestalten.de/service/dossiers/inklusiv-offen-gerecht/chancen-und-risiken/39-service/dossiers/inklusiv-offen-gerecht/chancen-und-risiken/113-ein-interview-mit-maria-do-mar-castro-varela-zu-willkommenskultur.html, [21.01.2015].
  32. Online verfügbar unter: http://ifsw.org/get-involved/global-definition-of-social-work/, [21.01.2015].
  33. Weitere Informationen zu Kritischer Sozialer Arbeit beispielsweise beim Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit Berlin: www.berlin-aks.de; Gil, D. G. (2006). Gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung. Konzepte und Strategien für Sozialarbeiter. In Impulse Werkstatt Fachhochschule (Bd. 15). Bielefeld: Kleine Verlag; Kurswechsel: Zeitschrift für gesellschafts-, wirtschafts- und umweltpolitische Alternativen (2009). Kritische Soziale Arbeit, Heft 3, 80-90. Verfügbar unter: http://www.beigewum.at/kurswechsel/jahresprogramm-2009/kurswechsel-3-2009-kritische-soziale-arbeit/, [21.01.2015].
  34. Siehe: https://guertelstrasse.wordpress.com/2014/09/ [30.09.2014]; Berichte der Aktivist_innen Mohammed, Ibrahim und Saidu, Transkript N. E.
  35. Siehe: https://guertelstrasse.wordpress.com/2014/09/ [30.09.2014]; Berichte der Aktivist_innen Mohammed, Ibrahim und Saidu.
  36. Vgl. beispielsweise Kappeler, M. (2000).
  37. Siehe: http://www.grundrechte-report.de/2002/inhalt/details/back/inhalt-2002/article/die-residenzpflicht-eine-rassistische-auflage-fuer-auslaender, [12.10.2014].
  38. Der Begriff Social Justice stammt aus den USA und ist nicht einfach mit dem deutschen Begriff "Soziale Gerechtigkeit" zu übersetzen/gleichzusetzen. Denn assoziiert wird dieser Terminus im deutschsprachigen Raum überwiegend mit Maßnahmen der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, mitunter auch Generations- und Bildungspolitik sowie mit Chancengleichheit und Verteilungsgerechtigkeit. Diese Elemente bilden jedoch nur einen Teilaspekt des US-amerikanischen Begriffs "Social Justice", welcher im weitesten Sinne als partizipative Anerkennungsgerechtigkeit und Verteilungsgerechtigkeit verstanden wird (vgl. Weinbach, 2006; Czollek, Perko & Weinbach, 2012). Aus diesem Grunde wird der Begriff "Social Justice" beibehalten.
  39. Vgl. hierzu beispielsweise: J. Gal & I. Weiss-Gal (2014). Social Workers Affecting Social Policy: An International Perspective on Policy Practice. Bristol: Policy Press.
  40. Im Zusammenhang mit Kritischer Sozialer Arbeit bringt dieses Dilemma beispielsweise Swantje Penke auf den Punkt, indem sie verdeutlicht, dass "ein/e SozialarbeiterIn eigentlich nur 'gegen' den kapitalistischen Staat als solchen wirken (kann), da das Ziel Sozialer Arbeit immer ein mündiger, zur Kritik fähiger Mensch ist" (Penke, 2009, S. 198, Herv. i. O.).

Literatur

Benhabib, S. (2009). Die Rechte der Anderen. Ausländer, Migranten, Bürger. Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Band 793. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.

Boumans, E. & Ünal, A. (1997). Die geteilte Menschenwürde. Flüchtlingsalltag und soziale Arbeit nach der Änderung des Grundrechts auf Asyl. Frankfurt am Main: IKO-Verlag für Interkulturelle Kommunikation.

Bratić, L. (2009). An der Grenze zwischen Leben und Verwaltung: die Rationalität der Sozialen Arbeit. In: Kurswechsel: Zeitschrift für gesellschafts-, wirtschafts- und umweltpolitische Alternativen (Hrsg.), Kritische Soziale Arbeit, Heft 3, 80-90. Verfügbar unter: http://www.beigewum.at/kurswechsel/jahresprogramm-2009/kurswechsel-3-2009-kritische-soziale-arbeit/ [21.01.2015].

Bundesministerium des Innern (2013). Schengen-Governance-Mechanismus beschlossen. Presseerklärung vom 08.10.2013. Verfügbar unter: http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2013/10/schengen.html [24.10.2014].

Castro Varela, M. do Mar (2013). Ist Integration nötig? Eine Streitschrift von María do Mar Castro Varela. Soziale Arbeit kontrovers (SAk) 5. Ettenheim: Stückle Druck und Verlag.

Czollek, L. C., Perko, G. & Weinbach, H. (2009). Lehrbuch Gender und Queer. Grundlagen, Methoden und Praxisfelder. Weinheim/München: Juventa.

Einigungspapier Oranienplatz (2014). Verfügbar unter: https://www.berlin.de/rbmskzl/_assets/aktuelles/2014/maerz/einigungspapier_oranienplatz.pdf, [04.09.2014].

Foucault, M. (1992). Was ist Kritik? Berlin: Merve.

Gil, D. G. (2006). Gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung. Konzepte und Strategien für Sozialarbeiter. Impulse Werkstatt Fachhochschule (Bd. 15). Bielefeld: Kleine Verlag.

International Association of Schools of Social Work (2014). New Global Definition of Social Work (2014). Global definition of the social work profession. Verfügbar unter: http://ifsw.org/get-involved/global-definition-of-social-work/, [04.08.2014].

Kappeler, M. (2000). Der schreckliche Traum vom vollkommenen Menschen: Rassenhygiene und Eugenik in der sozialen Arbeit. Marburg: Schüren Presseverlag.

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Melter, C. (2014). Mehr Ethik mit Flüchtlingen und für Flüchtlinge. Artikel vom 16.10.2014. In MiGAZIN. Migration in Germany. Verfügbar unter: http://www.migazin.de/2014/10/16/mehr-ethik-mit-fluechtlingen-und-fuer-fluechtlinge/, [16.10.2014].

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Penke, S. (2009). Soziale Arbeit in Bewegung - Die "Arbeitskreise Kritische Sozialarbeit" gestern und heute. In L. Wagner (Hrsg.), Soziale Arbeit und Soziale Bewegung (S. 192-205). Wiesbaden: VS Verlag.

Pieper, T. (2008). Die Gegenwart der Lager. Zur Mikrophysik der Herrschaft in der deutschen Flüchtlingspolitik. Münster: Westfälisches Dampfboot.

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Quigley, W. P. (2003). Ending Poverty As We Know It: Guaranteeing a Right to a Job at a Living Wage. Philadelphia: Temple University Press.

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Internet/Dokumentationen

arte (2013): Festung Europa - Frontex: Einsatz gegen Flüchtlinge [Dokumentation]. Verfügbar unter: http://www.youtube.com/watch?v=0L5u4KspmIE, [24.10.2014].

Die Linke (2013): Visumspolitik wird zum Erpressungsinstrument [Mitschnitt]. Verfügbar unter: http://www.youtube.com/watch?v=L3_5Orit64U, [24.10.2014].

Autorinnen

Naemi Eifler
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Naemi Eifler ist Studierende der Sozialen Arbeit (MA) an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin. Sie setzt sich kritisch mit strukturellen Ausgrenzungsmechanismen auseinander. Im Praxissemester arbeitete sie bei der Amadeu Antonio Stiftung für die Fachstelle Gender und Rechtsextremismus sowie für ju:an - Jugendarbeit gegen Antisemitismus und andere Ungleichwertigkeitsideologien. In ihrer Bachelorarbeit befasste sie sich mit Konstruktionslogiken von Asozialität im Nationalsozialismus sowie bestehenden Kontinuitäten. Derzeit beschäftigt sie sich mit asylpolitischen Fragen und Auswirkungen.


Miriam Burzlaff
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Miriam Burzlaff studierte Soziale Arbeit (MA). Derzeit schreibt sie ihre Doktorarbeit mit dem Arbeitstitel "Professionelles Selbstverständnis Sozialer Arbeit - die Relevanz kritischer Lehre für eine politisch engagierte sozialarbeiterische Identität". In diesem Zusammenhang befasst sie sich mit der Philosophie Michel Foucaults und Queer-Feministischer Theorie. Zudem besucht sie Seminare zu Gender und Affect Studies an der TU und HU Berlin. Miriam Burzlaff ist Promotionsstipendiatin des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks.



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